Sozialdemokratischer Dreisprung
Nein, ein Allheilmittel war es sicher nicht, was der SPD-Parteivorstand vor einer Woche beschlossen hat, aber ein erster, wichtiger Schritt nach vorne. Die SPD wird manches besser machen müssen, um wieder an frühere Zeiten anknüpfen zu können. Aber zu den Widrigkeiten der SPD zählte ganz sicher auch, dass der interne Streit über die Hartz-Reformen vor anderthalb Jahrzehnten genauso lange den Blick nach vorne verstellt hat. In dieser Zeit hat sich aber viel, sehr viel geändert auf dem Arbeitsmarkt: Anstelle von Massenarbeitslosigkeit prägt zunehmend ein Fachkräftemangel das Bild, auf einen Ausbildungsplatz bewerben sich nicht mehr Dutzende junger Leute, sondern viele Lehrstellen bleiben unbesetzt.
Es ist deswegen viel mehr als ein innerparteilicher Friedensschluss, sondern vor allem ein echtes Konzept, was jetzt auf dem Tisch liegt. Politisch ist es eine Art Dreisprung, mit dem die SPD wieder ein klares sozialpolitisches Profil bekommt:
– Der Mindestlohn soll auf 12 € steigen. So viel ist nötig, um am Ende nach vielen Arbeitsjahren überhaupt eine Chance auf eine ausreichende Rente zu haben – ein klarer Maßstab, der eigentlich selbstverständlich sein sollte.
– Die Grundrente für Menschen, die 35 Jahre gearbeitet haben. Damit wird Altersarmut für derzeit etwas 3 Millionen ältere Menschen vermieden, denen genau dieses Schicksal nach einem harten Arbeitsleben droht. Die große positive öffentliche Resonanz auf den Vorschlag von Hubertus Heil hat gezeigt, dass dieses Thema vielen Leute auf den Nägeln brennt.
– Die Weiterentwicklung der Arbeitslosenversicherung, mit der unter anderem ältere arbeitslose Beschäftigte wieder besser gestellt werden durch eine Verlängerung des ALG I – seit jeher einer der Hauptkritikpunkte an Hartz IV. Aber auch die Fortbildung und Qualifizierung von arbeitslosen Menschen soll wesentlich aufgewertet werden.
Das sind klare Ansagen, die sicher jetzt nicht allesamt mit der Union in einer Großen Koalition zu realisieren sind, die aber deutlich machen, wofür wir stehen. Auch die Einführung des Mindestlohns oder die Rente nach 45 Versicherungsjahren mussten manche Jahre lang immer wieder gefordert werden, bis sie im Bundesgesetzblatt standen.
Selten hat es in letzter Zeit intern soviel spontane Zustimmung gegeben und auch die Umfragen lesen sich zum ersten Mal seit längerer Zeit wieder ein bisschen freundlicher. Wie gesagt, das alles ist kein Allheilmittel, aber in einem wichtigen Bereich ist jetzt die versprochene Erneuerung der SPD eingelöst worden. Das macht Mut, auch die nächsten Schritte anzugehen – einen engagierten Wahlkampf vor den Europa-Wahlen vorneweg!
Ich wünsche Euch eine gute Woche.