Hinter uns liegt eine schwierige Woche. Seit acht Monaten kämpfen wir jetzt in Niedersachsen gegen das Corona-Virus, haben eine erste Welle überstanden, hatten einen relativ entspannten Sommer und stecken jetzt tief in der zweiten Welle. Überall in Europa steigen die Infektionszahlen steil an, weit über die Werte aus dem Frühjahr hinaus. Als die Bundeskanzlerin vor einigen Wochen 19.000 Infektionen am Tag zu Weihnachten prophezeit hatte, haben viele das für eine kolossale Übertreibung gehalten. Es war eine Untertreibung, der Wert ist schon vor einigen Tagen übertroffen worden.

Überall steigen die Zahlen, überall gibt es Gegenreaktionen. Großbritannien, Frankreich, Österreich und andere Länder gehen in den zweiten shutdown. Daran gemessen ist die Reaktion in Deutschland eher noch maßvoll, ist aber natürlich auch mit harten Konsequenzen verbunden. Ab heute sind gastronomische Betriebe, Kultureinrichtungen, Sportanlagen und viele andere Angebote geschlossen. Auch im privaten Bereich gibt es weitere Einschränkungen. Das Ziel all dieser Maßnahmen besteht darin, die Zahl der Kontakte in den nächsten Wochen drastisch zu reduzieren und damit d en Infektionen den Boden zu entziehen. Nur wenige Bereiche sind von den Einschränkungen ausgenommen, vor allem das Bildungswesen und die Wirtschaft sollen so gut als möglich weiter laufen.

Für die Betroffenen ist das ein harter Schlag, gar keine Frage. Deswegen gibt es auch Hilfen, die noch einmal deutlich über das hinausgehen, was bislang an Unterstützung in Notlagen gewährt worden ist. Alle, die von den Schließungen betroffen sind, sollen in diesem Monat als Entschädigung 75 % des Umsatzes erhalten, den sie im November vor einem Jahr erzielt haben. Das gilt ausdrücklich auch für Solo-Selbstständige, zum Beispiel Künstler, die keine Chance für Auftritte haben. Dieser Aspekt ist mal eine gute Nachricht inmitten vieler schlechter.

Wir tun das, um die Infektionswelle jetzt zu brechen und Schlimmeres zu verhüten. Bis jetzt ist Deutschland im Vergleich relativ gut durch die Corona-Krise gekommen und auch jetzt haben wir dafür eine reelle Chance. So besorgniserregend die Zahlen sind, wir sind noch deutlich unter dem Niveau aus den meisten Nachbarstaaten und können früher eingreifen. Für mich lautet die zentrale Frage in diesen Tagen: Was wäre geschieht, wenn nichts geschehen? Die Antwort darauf ist nicht schwer: Wir landen in derselben Situation wie viele unserer Nachbarn einschließlich noch viel härterer Gegenmaßnahmen, die dann notwendig sind.

Das sei doch Angstmache oder gar eine Drohung, lautet die Kritik an diesen Überlegungen. Sorry, das ist weder das eine noch das andere, sondern eine logische Schlussfolgerung aus harten Zahlen und den Erfahrungen, die andere schon machen. Jede Politik beginnt damit, auszusprechen was ist, lautet ein vielzitierter Satz (der übrigens auf Ferdinand Lassalle zurückgeht, den Begründer der deutschen Sozialdemokratie). Das stimmt! Und ein großes Problem, das auf uns zukommt, können wir nicht durch Schönreden oder Verschweigen in den Griff bekommen.

Ich habe einen ganz anderen Blick auf die Situation als diese Kritiker. Wir sind der Entwicklung keineswegs ausgeliefert, wir können sie selbst gestalten. Wenn unsere Gesellschaft in den nächsten Woche in einer großen Gemeinschaftsleistung die Kontaktzahlen deutlich verringert und die Infektionen zurückdrängt, dann bleibt uns manches erspart und wir können hoffentlich relativ ruhige Weihnachten feiern. Wir haben eine Chance, nutzen wie Sie!

Ich wünsche Euch eine gute Woche.