Freunde und Helfer
Dass nach dem Tod von George Floyd in den USA Rassismus durch die amerikanische Polizei heftig kritisiert worden ist, kann ich gut verstehen. Viel zu viele Vorfälle dieser Art zeigen, dass die Vereinigten Staaten in dieser Hinsicht ein echtes Problem haben. Dass aus dem gleichen Anlass heraus eine solche Diskussion in Deutschland geführt wird, ist mir dagegen ehrlich gesagt komplett unverständlich.
Am Donnerstag habe ich die Göttinger Polizei besucht und zwar aus aktuellem Anlass. Am Wochenende zuvor hatte es dort einen besonders schwierigen Einsatz gegeben. In einem Hochhaus-Komplex mit siebenhundert Bewohnerinnen und Bewohner und sehr beengten Wohnverhältnissen gab es einen Corona-Ausbruch mit so vielen Infektionen, dass eine Quarantäne angeordnet werden musste, auf die viele Betroffene aggressiv reagiert haben. Aus diesem Anlasss gab es zudem eine Demo gegen Wohnungsnot und Mietwucher. Als die Demonstration an dem Hochhaus angelangt war, warfen Bewohner aus dem Haus Gegenstände auf die Polizeibeamten und gleichzeitig versuchten einige der Demonstranten von außen die Polizeikette zu durchbrechen. Es entstand eine sehr gefährliche Situation mit nicht wenigen verletzten Beamtinnen und Beamten, die noch weit schlimmer hätte ausgehen können.
Vor diesem Hintergrund fand mein Besuch statt, den ich auch zu Gesprächen mit Beamtinnen und Beamten genutzt habe. Einerseits gab es eine gute Rückmeldung für mich: Den Vorfall als solchen scheinen die meisten ziemlich nüchtern und professionell abgehakt zu haben, gewissermaßen als Berufsrisiko. Andererseits steht erkennbar die Frage im Raum, ob die Gesellschaft eigentlich hinter der Polizei steht und ihr Rückendeckung gibt. Denn ein solcher spektakulärer Vorfall ist ja nur die Spitze des Eisbergs, viel öfter geht es im Alltag um Beleidigungen und Aggressionen bei eigentlich ganz normalen Polizeihandlungen.
Ich habe jetzt seit vielen Jahren intensiv mit der Polizei in Niedersachsen zu tun, zuerst auf kommunaler Ebene und seit mehr als sieben Jahren als Ministerpräsident. In dieser Zeit war ich immer wieder sehr angetan von den Menschen, die mir da begegnet sind. Es sind oft Persönlichkeiten, die einen sehr überzeugenden Eindruck auf mich gemacht haben. Einerseits müssen sie bereit sein, mit Konsequenz ihre Aufgaben zu erfüllen, und dabei andererseits sehr verantwortungsbewusst und umsichtig vorgehen. Bei den allermeisten habe ich den Eindruck, dass sie sich dessen sehr bewusst sind und sich so verhalten.
Dabei mag die sorgfältige Auswahl und Ausbildung eine Rolle spielen. Viele Bewerbungen führen nicht zum Erfolg, weil zuvor sehr genau hingeschaut wird. Und dann folgt eine drei- oder vierjährige Ausbildung, die mit dem Bachelor endet. Das sind Investitionen, die sich erkennbar lohnen.
Natürlich gibt es in großen Gruppen immer Ausnahmen von der Regel. Das ist auch bei der Polizei so und muss im Einzelfall aufgeklärt und ggf. geahndet werden, gerade auch im Interesse der Polizei selbst und vieler engagierter Beamtinnen und Beamten. Nach meinen Erfahrungen mit der niedersächsischen Polizei geschieht das aber auch und bestätigt den Gesamteindruck.
Was ist auf die Sorge zu antworten, ob denn die Bürgerinnen und Bürger zur Polizei stehen? Einmal im Jahr gibt es eine große Umfrage nach der Anerkennung von bestimmten Berufsgruppen und dabei immer wieder dieselben Spitzenreiter: Polizeibeamte, Feuerwehrleute, Krankenschwestern haben die größte Fankurve in unserer Gesellschaft. Ich gehöre dazu.
Ich wünsche Euch eine gute Woche.