Das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit ist eine zentrale Verpflichtung auf europäischer Ebene. Im Amsterdamer Vertrag vom 1. Mai 1999 wurde das Gender Mainstreaming verbindlich festgeschrieben. Gender Mainstream bedeutet, das Ziel der Geschlechtergerechtigkeit in allen politischen und gesellschaftlichen Vorhaben zu berücksichtigen und so aktiv die Gleichstellung der Geschlechter zu befördern. Im Vertrag von Lissabon aus dem Jahr 2009 wurde das Gender Mainstream im Vertrag über die Arbeitsweise der EU festgeschrieben.

Diese Verpflichtung ist auch im Jahr 2019 immer noch notwendig. Auch 100 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland, vorangetrieben durch die SPD, ist die Gleichstellung der Geschlechter noch nicht erreicht. Deshalb gilt es am Internationalen Frauentag, dem 8. März, auf die bestehenden Ungerechtigkeiten aufmerksam zu machen und politische Lösungen einzufordern.

Nach wie vor müssten Frauen statistisch drei Monate länger als Männer arbeiten, um auf das gleiche Jahresgehalt zu kommen. Die Lohnlücke von 21 Prozent ist noch immer nicht geschlossen. Frauen investieren mehr Zeit in Haushalt und Familie als Männer und landen häufig in der Teilzeit-Falle. Das Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit, das die SPD-Bundestagsfraktion durchgesetzt hat, wird daher vor allem Frauen dabei unterstützen, in die Vollzeitberufstätigkeit zurückzukehren. „Trotzdem müssen wir uns als Gesellschaft und Politik damit auseinandersetzen, wieso eine faire Aufteilung von Care-Arbeit und Erwerbstätigkeit in vielen Familien nicht gelingt. 50/50 ist fair“, erklärt der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange.

Das gilt genauso für Frauen in Führungspositionen. EU-weit stellen Frauen nur ca. 30 Prozent der Führungskräfte. Deutschland liegt sogar noch knapp unter dem europäischen Durchschnitt und auf Platz 11 der EU Staaten. Am besten schneidet Frankreich mit 40 Prozent weiblichen Führungskräften ab. Gründe hierfür sind unter anderem nach wie vor traditionelle Rollenbilder und starke Männernetzwerke, die Frauen benachteiligen. Dabei muss klar sein: 50/50 ist gerecht und notwendig. „Unsere Wirtschaft kann es sich nicht leisten, auf das Potential von weiblichen Führungskräften zu verzichten“, so Bernd Lange.

Dass die Gleichstellungspolitik nicht so schnell voranschreitet, wie es notwendig wäre, liegt auch daran, dass Frauen in den Parlamenten unterrepräsentiert sind. Im Europäischen Parlament sind aktuell 36,1 Prozent der Abgeordneten weiblich, im Deutschen Bundestag sind es nur 30,9 Prozent und der Niedersächsische Landtag erreicht sogar nur 27,74 Prozent. Der Missstand liegt auf der Hand. Frauen stellen die Hälfte der Bevölkerung, aber die politischen Entscheidungen werden zum größten Teil immer noch von Männern getroffen. Unter solchen Bedingungen ist es kaum verwunderlich, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen nur schleppend vorankommt.

Aus diesem Grund ist der Vorstoß verschiedener sozialdemokratischer Politiker_innen, unter anderem auch vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil, mit der Forderung eines Parité-Gesetzes ein wichtiger Schritt zur mehr Geschlechtergerechtigkeit. Dass alle Parteien abwechselnd Männer und Frauen auf ihren Wahllisten aufstellen, wie es in Brandenburg kürzlich beschlossen wurde, ist richtig, doch das genügt nicht. Direktmandate sind meist männlich und sorgen insbesondere in den großen Fraktionen dafür, dass die Reißverschluss-Liste nicht ausreichend greift. „Ich unterstütze daher Überlegungen, pro Wahlkreis beispielsweise je einen Mann und eine Frau als Tandem aufzustellen“, betont Bernd Lange. Im Europäischen Parlament gibt es keine Direktmandate, daher wären quotierte Listen, wie sie die SPD bereits aufstellt, im Europäischen Parlament eine geeignete Herangehensweise für ausgeglichene Geschlechterverteilung.

Seit der Einführung des Frauenwahlrechts hat sich viel bewegt. Die EU hat mit der Verankerung der Geschlechtergerechtigkeit in den Europäischen Verträgen für weitere Fortschritte gesorgt und Sozialdemokrat_innen setzen sich in Deutschland, aber auch in den anderen europäischen Staaten für mehr Geschlechtergerechtigkeit ein. „Doch die bestehenden Ungerechtigkeiten werden wir nur lösen können, wenn wir für eine gerechte Repräsentation von Frauen auf der entscheidenden Ebene, nämlich in den Parlamenten und Regierungen, sorgen“, unterstreicht Bernd Lange.

In Hinblick auf die Europawahlen am 26. Mai 2019 bedeutet das: Ein Rechtsruck im Europäischen Parlament würde auch den Kampf für Geschlechtergerechtigkeit um Jahre zurückwerfen. Überall dort, wo rechtspopulistische Fraktionen in die Parlamente einziehen, sinkt der Frauenanteil deutlich und auch die Positionen werden antifeministischer und rückwärtsgewandt. Die SPD hat streng quotierte Listen und die Parität innerhalb der Gruppe der SPD-Europaabgeordneten damit sichergestellt. Für Bernd Lange steht fest: „Für erfolgreiche Gleichstellungspolitik müssen wir deshalb im Mai progressive, europäische Mehrheiten schaffen. Das Ziel ist klar: Weg vom Gender Gap. Hin zur Parité.“